Handlungsfelder der Sozialen Stadt bzw. des Sozialen Zusammenhalts

Die spezifischen Problematiken und Herausforderungen benachteiligter Stadtgebiete erstrecken sich vom wirtschaftlichen und sozialen Bereich bis zur räumlichen Lebensumwelt – sprich Wohnraum und Wohnumfeld, Straßenverkehr, Grünflächen u. v. m. Die Programmgebiete weisen häufig einen deutlichen Erneuerungsbedarf in zahlreichen Handlungsfeldern auf – abhängig von Größe, Lage und Gebietstyp sowie der eigenen Entwicklungsgeschichte und Charakteristik des jeweiligen Quartiers. Gemeinsam ist allen Quartieren, dass dort überdurchschnittlich viele Menschen in kritischen sozialen Lagen unter schwierigen Bedingungen und oft auf engem Raum zusammenleben:

  • Einkommensarmut betrifft vor allem Alleinerziehende, Langzeitarbeitslose, Zugewanderte, Kinder und Jugendliche sowie Senioreninnen und Senioren.
  • Es kommt zu häufigen Wohnungswechseln, soziale Bindungen fehlen, Konflikte zwischen verschiedenen Ethnien und Generationen treten häufiger als in anderen Gebieten auf.
  • Adäquate Arbeitsmöglichkeiten fehlen.
  • Bildungs-, Betreuungs- und Freizeitmöglichkeiten sind unzureichend.
  • Wohnungen und Wohnumgebung sind veraltet, nicht alltagsgerecht und belasten die soziale Situation.
  • Das negative Stadtteilimage stigmatisiert.

Die einzelnen Problembereiche können sich gegenseitig verstärken. Generell ist in vielen Städten Nordrhein-Westfalens seit einigen Jahren eine wachsende soziale und ökonomische Polarisierung in arm und reich zu beobachten, die sich auch räumlich abbildet: Benachteiligte Gruppen konzentrieren sich in benachteiligten Quartieren. So können sich die unterschiedlichen Merkmale von Benachteiligung verfestigen und verstärken und benachteiligte Gebiete können zu benachteiligenden Gebieten werden – die Stadtteile und Quartiere befinden sich in einer so genannten „Abwärtsspirale“.

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Abbildung 2: Möglicher Entwicklungsimpuls in einem benachteiligten Gebiet

Quelle: agiplan in „Integrierte Handlungskonzepte in der Stadtentwicklung, Leitfaden für Planerinnen und Planer“

In den Programmgebieten des Programms „Soziale Stadt“ bzw. „Sozialer Zusammenhalt“ (neuer Titel des Programms seit 2020) sollen Lösungen entwickelt werden, die Vorbildfunktionen für die Stadtentwicklung einnehmen können. Die entstandene negative Eigendynamik kann nur durchbrochen werden, wenn konsequent an mehreren Punkten zugleich angesetzt wird. Jeder Stadtteil besitzt auch individuelle Stärken. Diese Potenziale müssen erschlossen und dauerhaft nutzbar gemacht werden. Die Notwenigkeit, das eigene Profil des Stadtteils zu entwickeln und zu stärken, ist eine zentrale Grundlage des Programms. Diese Potenziale sind im sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Bereich genauso zu finden wie in den baulichen und räumlichen Gegebenheiten.

Beispiele hierfür sind:

  • Aktive Bewohnerinnen und Bewohner sowie Organisationen wie Kirchengemeinden, Sport- oder Kulturvereine, die ihr Engagement aktiv einbringen,
  • das Dienstleistungs-, Versorgungs- und Arbeitsplatzangebot – gerade auch von Unternehmen, die von Menschen mit Migrationshintergrund geführt werden,
  • zur Mitwirkung bereite Hausbesitzende und Wohnungsgesellschaften,
  • erschließbare Freiflächen oder besondere naturräumliche Potenziale und
  • interessante ungenutzte Gebäude, die neue Einrichtungen aufnehmen und ein gutes Image prägen können.

Der grundlegende Ansatz des Programms „Soziale Stadt“ bzw. „Sozialer Zusammenhalt“ besteht darin, Maßnahmen und Projekte bedarfsgerecht – also orientiert an den Gegebenheiten vor Ort – in allen relevanten städtebaulichen, wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen und umweltbezogenen Handlungsfeldern zu entwickeln und umzusetzen. Voraussetzung für die Umsetzung dieses integrierten, auf die Einbindung anderer Fachbereiche angelegten Handlungsansatzes ist auch die Berücksichtigung der verschiedenen Handlungsfelder im instrumentell-strategischen Bereich.

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Abbildung 3: Handlungsfelder des Programms „Soziale Stadt“ bzw. Sozialer „Zusammenhalt
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Quelle: Städtenetz Soziale Stadt NRW

Handlungsfeld „Bauen und Wohnen“

Die Quartiere der Sozialen Stadt bzw. des Sozialen Zusammenhalts sind in erster Linie Wohnorte. Dennoch findet sich in den Programmgebieten oft zwar preiswerter, aber qualitativ im Vergleich zur Gesamtstadt eher schlechterer Wohnraum, dem man oftmals unterlassene Instandhaltung und Modernisierung anmerkt. In der Vergangenheit wurden gerade Sozialwohnungsbestände in benachteiligten Quartieren durch eine einseitige Belegungspolitik belastet. Notunterkünfte für Wohnungsnotfälle wurden ebenfalls vielfach in den bereits benachteiligten Gebieten der Städte angesiedelt. Die insgesamt schwierige Wohnsituation führt dazu, dass flexible, gut verdienende Haushalte die Stadtteile verlassen. Eine hohe Fluktuation erschwert gute nachbarschaftliche Beziehungen. Abweichende Nutzungsansprüche und Verständigungsschwierigkeiten führen zu Konflikten im Wohnbereich. Prekäre Lebenslagen (z. B. durch Einkommensarmut und Verschuldung) können in Einzelfällen ein gesichertes Wohnen bedrohen.

Vor dem Hintergrund einer instabilen Bewohnerstruktur ist auch die Situation der Wohnungsanbietenden schwierig. Ihr wirtschaftlicher Nutzen ist meist gering und risikobehaftet. Auch ist die Eigentümerstruktur in den Programmgebieten oftmals sehr unterschiedlich. Sie rangiert von einzelnen großen Wohnungsunternehmen über einige Privatbesitzende, die selbst vor Ort wohnen, bis hin zu zahllosen Einzeleigentümerinnen und -eigentümer, die die Siedlungen oft nicht einmal kennen.

Vordringliches Ziel des Programms ist die Erhaltung bzw. Schaffung preiswerten und qualitativ guten Wohnraums. Lösungen müssen dabei die Wirtschaftlichkeit und das Soziale, die Eigentümerinnen und Eigentümer und die Bewohnerschaft zugleich in den Blick nehmen. Die Modernisierung des Bestands steht an erster Stelle. Vor allem in Großsiedlungen stellt sich daneben jedoch zunehmend die Frage nach einem Abriss unrentabler Wohnungen – ein Thema, das mit vielen Vorbehalten versehen ist, das jedoch angesichts der demografischen Entwicklung und zunehmender Wohnungsleerstände immer mehr zur Diskussion steht.

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Maßnahmen zur Verbesserung der Wohnsituation decken ein weites Feld ab: Wohnungsgesellschaften können im Prozess starke und verlässliche Partner der Stadtteilerneuerung sein. Oft unterstützen sie Maßnahmen im Wohnumfeld, neue Einrichtungen der sozialen Infrastruktur oder auch soziale Projekte, die sich auf eine ganzheitliche Verbesserung der Wohnsituation richten. Neue Konzepte zum Belegungsmanagement werden im Sozialwohnungsbereich eingesetzt, um das Entstehen stabilerer Hausgemeinschaften zu fördern. Wohnungsneubau bietet im Bereich von Sozialwohnungen, freifinanzierten Mietwohnungen und vor allem bei Eigenheimen Chancen, eine stabilere Bevölkerungsstruktur mit attraktivem Wohnumfeld zu fördern. Konfliktmanagement zielt auf die Vermittlung bei Nachbarschaftskonflikten. Flankierende Programme des Landes und der Kommunen unterstützen wohnungslose Menschen bei der Integration in normale Wohnverhältnisse.

Weiterführende Links zum Handlungsfeld „Bauen und Wohnen“

 

Handlungsfeld „Zusammenleben und Integration“

Bewohnerinnen und Bewohner mit Migrationshintergrund stellen bereits heute einen großen Teil der Bevölkerung in den benachteiligten Stadtteilen – teilweise bis zu über 50 %. Die größte Gruppe sind Menschen türkischer Herkunft. Aufgrund der demografischen Entwicklung wird der Zuwandereranteil weiter ansteigen. Dadurch wachsen zum einen die Anforderungen an stadtteilbezogene Integrationsmaßnahmen, zum anderen kommt den Stadtteilen im Hinblick auf die gesamtstädtischen Entwicklungen eine entscheidende Integrationsfunktion zu.

In den Bereichen Schule und Bildung, Ausbildung und Arbeit zeigen sich Integrationsdefizite besonders deutlich – so z. B. durch Sprachdefizite oder fehlende Orientierung im deutschen Ausbildungssystem. Es fehlen oft integrationsfördernde Angebote zur Beratung oder Beteiligung. Zudem treten bedingt durch ethnische, religiöse und kulturelle Unterschiede gehäuft Spannungen zwischen Bewohnergruppen unterschiedlicher Herkunft auf. Eine besondere Gruppe stellen jugendliche Migrantinnen und Migranten dar. Bei ihnen kann fehlender Halt innerhalb des Gesellschaftssystems oftmals zu sozial auffälligem Verhalten führen.

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Multikulturalität in den Stadtteilen birgt jedoch auch wichtige Potenziale. So können die sozialen Netze der Migrantinnen und Migranten und ihre zunehmende Bedeutung für die lokale Ökonomie als Unternehmerinnen und Unternehmer oder Immobilienbesitzerinnen und -besitzer die Basis für eine intensive Mitwirkung in der Stadtteilentwicklung sein. Aufgabe in der Sozialen Stadt ist es, Angebote zur Kommunikation und Begegnung und zum interkulturellen Dialog zu schaffen. Für alle Angebote, Maßnahmen und Projekte im Stadtteilprozess ist kritisch zu hinterfragen, ob sie auch die Migrantinnen und Migranten erreichen. Ihre Beteiligung an der Stadtteilentwicklung muss sorgfältig gesichert werden, z. B. durch ein interkulturell besetztes Stadtteilmanagement.

In allen Programmgebieten wird die gleichberechtigte Teilhabe an Bildung und Beschäftigung besonders gefördert. Sprachförderung der Kinder und vielfach auch der Eltern, ergänzender muttersprachlicher Unterricht sowie besondere Hilfen bei der beruflichen Orientierung sind Beispiele dafür. Das Spektrum der Aktivitäten für ein besseres Zusammenleben reicht von interkulturellen Kochkursen und gemeinsamen Festen über Sprachförderung und die Förderung der interkulturellen Erziehung bis hin zu Projekten, die auf die besonderen Wohnbedürfnisse von Menschen mit Migrationshintergrund zielen.

Weiterführende Links zum Handlungsfeld „Zusammenleben und Integration“

Handlungsfeld „Städtebau und Wohnumfeld“

Eine zentrale Motivation ist es, den öffentlichen Raum für vielfältige Nutzungen durch die Bewohnerschaft zurückzugewinnen. Hierzu gehören die Neugestaltung von Plätzen und Straßen, die Öffnung ungenutzter oder unzugänglicher Bereiche für Grünflächen und neue Wegeverbindungen oder die Renovierung der Häuserfassaden. Gerade große Bauprojekte, wie z. B. die Umnutzung eines ehemaligen Bunkers verbessern durch ihre Signalwirkung auch das Image eines Stadtteils. Städtebauliche Maßnahmen können dabei gleichzeitig der Verminderung von Nutzungskonflikten, der Beruhigung des Verkehrs oder auch der Kriminalprävention dienen.

Eine der wichtigsten Erkenntnisse der Stadterneuerung ist aber auch: Nicht die bauliche Umgebung, sondern die Menschen stehen im Mittelpunkt der Erneuerung. Bauliche Maßnahmen müssen die Entwicklungen im Stadtteil unterstützen und sollen keine Verfremdung der gewachsenen Lebensumwelten mit sich bringen. Damit dies gelingt, braucht es eine besondere Beteiligung und Mitwirkung der Bewohnerschaft. Die Erlebbarkeit der Veränderungen und der Kontakt im täglichen Leben fördern die Motivation der Betroffenen und Interessierten für eine umfassende Mitarbeit.

Eine Umgebung zu schaffen, die sich an den Bedürfnissen und Wünschen der Stadtteilbewohner orientiert, hat auf dem Weg zu einer nachhaltigen Veränderung eine besondere Bedeutung. Schlüssige Konzepte für dauerhafte Pflege bzw. den wirtschaftlichen Betrieb des Neugeschaffenen sind ein weiteres unverzichtbares Element. Hier empfiehlt es sich, die Vernetzungsmöglichkeiten mit anderen Einrichtungen zu prüfen, um Kosten für Pflege, Instandhaltung oder Betrieb durch die Nutzung gemeinsamer Strukturen möglichst gering zu halten.

Weiterführende Links zum Handlungsfeld „Städtebau und Wohnumfeld“

Handlungsfeld „Soziale Netze und bürgerschaftliches Engagement“

Bürgerschaftliches Engagement ist ein fester Baustein des Programms „Sozialen Stadt“ bzw. „Sozialer Zusammenhalt“. Stadtteilarbeit wäre undenkbar ohne die zahlreichen Freiwilligen in den Vereinen, Verbänden, Initiativen oder religiösen Gemeinschaften. Quartiersentwicklung braucht Menschen, die sich für ihren Stadtteil engagieren und Bürgerinnen und Bürger, die in ihrem Stadtteil etwas verändern und bewirken wollen. Sie gestalten das vielfältige Leben in ihrem Stadtteil und schaffen durch ihr Engagement soziale Netze und ein „Wir-Gefühl“.

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Dort, wo es bereits funktionierende Netzwerke gibt, trägt bürgerschaftliches Engagement maßgeblich zur erfolgreichen Stadtteilentwicklung bei. Hier ist es Aufgabe des Programms, die Beteiligungsstrukturen zu stärken und dem Bürgerengagement zur Umsetzung zu verhelfen. In Stadtteilen, in denen soziale Netze und bürgerschaftliches Engagement fehlen, gilt es, die Bewohnerschaft zu aktivieren, Gemeinsamkeiten zum Thema zu machen und niedrigschwellige Strukturen für Engagement zu schaffen. Hierzu zählen folgende typische Maßnahmen:

  • Anlässe gestalten, zu denen sich die Bürgerinnen und Bürger begegnen und Engagement entwickeln können,
  • offene, gemeinschaftlich nutzbare Räume schaffen, die von der Bürgerschaft, Vereinen und sozialen Netzen genutzt und gepflegt werden,
  • engagierte Bürgerinnen und Bürger bei der Selbstorganisation, Projektentwicklung und 
-umsetzung unterstützen,
  • die Bewohnerschaft systematisch in die Steuerungsstrukturen der Stadtteilarbeit einbeziehen.

Das Quartiersmanagement stößt diese Maßnahmen an, setzt sie um oder koordiniert sie. Seine Aufgabe ist es, das bürgerschaftliche Engagement und die sozialen Netze in den Programmgebieten der Sozialen Stadt zu stärken. Wenn dies gelingt, bildet das bürgerschaftliches Engagement eine Brücke zwischen Politik, Verwaltung und dem Leben im Stadtteil. Mit ihrem Engagement können Bürgerinnen und Bürger die durch das Programm angestoßenen positiven Entwicklungen weiter mittragen.

Weiterführende Links zum Handlungsfeld „Soziale Netze und Bürgerschaftliches Engagement“

Handlungsfeld „Image und Identität“

Viele Programmgebiete der Sozialen Stadt bzw. des Sozialen Zusammenhalts sind in der gesamtstädtischen Wahrnehmung, aber auch in der Wahrnehmung der Stadtteilbevölkerung selbst, durch ein negatives Image geprägt. Die Vielschichtigkeit der Problemlagen wird auf den ersten Blick oft nur ausschnitthaft erfasst. Persönliche Eindrücke wie Unsicherheitsgefühle in bestimmten Straßen oder auch Erfahrungen vom „Hörensagen“ können das einseitige Bild prägen. Auch punktuelle Ereignisse, wie der Konkurs eines großen Arbeitgebers beeinflussen das Image, das sich in vielen Gebieten oft über Jahre verfestigt hat. Ein negatives Image trägt wiederum selbst zu einer Verschlechterung der Situation im Stadtteil bei und wird Teil der Benachteiligung der dort lebenden Menschen.

Die Verbesserung des Stadtteilimages nach außen und die Stärkung der Identität nach innen sind daher wichtige Anliegen des Programms. Dieses Thema geht weit über eine begleitende Öffentlichkeitsarbeit der Stadtteilaktivitäten hinaus und schließt eng an das Handlungsfeld „Soziale Netze und Bürgerengagement“ an. Um Wirkungen und Motivation für die gesamte Stadtteilarbeit zu erzeugen, müssen schlüssige positive Leitbilder und Strategien entwickelt werden, in denen sich die Zielgruppen der Stadtteilentwicklung wiederfinden. Dies ist eine wichtige Aufgabe des Quartiersmanagements. Entscheidend ist es, die Identifikation der Bewohnerinnen und Bewohner mit ihrem Quartier zu fördern und Sie für die Mitwirkung zu gewinnen. Basis für Imagearbeit nach außen kann nur ein authentisches Bild eines sich entwickelnden Quartiers sein. Hierzu gehören auch Signalwirkungen durch städtebauliche Maßnahmen, die Freiflächen oder Gebäude aufwerten und ihnen neue Bedeutung verleihen, z. B. als Stadtteilzentrum.

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Öffentlichkeitswirksame Aktionen und Initiativen können dazu beitragen, erreichte Fortschritte der Stadtteilarbeit stärker ins öffentliche Bewusstsein zu bringen und die entsprechenden Bilder in den Köpfen zu verändern. Das Spektrum ist vielfältig und reicht von Stadtteilzeitungen über Feste und Veranstaltungen im Stadtteil bis hin zu umfassenderen (Stadt–)Marketingkonzepten.

Weiterführende Links zum Handlungsfeld „Image und Identität“

Handlungsfeld „Soziale Infrastruktur und Stadtteilzentren“

Stadtteilbibliotheken oder Begegnungsstätten sind Beispiele für das, was klassischerweise „soziale und kulturelle Infrastruktur“ genannt wird. Benachteiligte Stadtteile sind in dieser Hinsicht in der Regel unterdurchschnittlich ausgestattet. Diese Tatsache steht im Gegensatz zu den besonderen Bedarfen aufgrund der sozialen Situation, der vielfältigen ethnisch-kulturellen Hintergründe der Bewohnerinnen und Bewohner sowie des vergleichbar hohen Anteils an Kindern und Jugendlichen. Weitere Entwicklungen, wie das Entstehen einer Seniorengeneration mit Migrationshintergrund, sind absehbar.

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Als Anlaufstellen haben Begegnungsstätten, Kinder- und Jugendeinrichtungen sowie Bildungs- und Beratungseinrichtungen eine besondere Bedeutung für die Stadtteilarbeit. Vor allem in Stadtteilzentren werden soziale und kulturelle Projekte gebündelt. Sie bilden einen identitätsstiftenden Kristallisationspunkt für alle Aktivitäten der Bewohnerschaft und Initiativen im Stadtteil. Die räumliche Nähe engagierter Akteure erleichtert den Aufbau von Kommunikationsstrukturen und Netzwerken. Sie ist Ansatzpunkt für die Verstetigung positiver Entwicklungen und Projekte auch über den Förderzeitraum des Handlungsprogramms hinaus. Das Programm hat daher den Aufbau solcher Zentren trotz angespannter öffentlicher Finanzen ermöglicht. Voraussetzung sind in jedem Fall zukunftsfähige Betriebskonzepte, die sich von der Subventionierung des laufenden Betriebs rasch lösen. Lokale Partnerschaften, Ehrenamt und die Verknüpfung mit Maßnahmen aus dem Bereich „Beschäftigung und Qualifizierung“ können Bausteine sein, die einen dauerhaften Betrieb sichern.

Das Spektrum der Stadtteilzentren reicht von einfachen Lösungen im Bestand bis hin zu umfangreicheren Neu- und Umbauprojekten. Ungenutzte ehemals zentrale Bauwerke wie Zechen- oder Firmengebäude können z. B. neue Funktionen erhalten. Durch eine flexible Nutzung vorhandener Räumlichkeiten finden neben Gruppen und Veranstaltungen auch soziale Dienstleistungen aus den Bereichen Gesundheit, Bildung oder Sport, das Stadtteilmanagement oder dezentralisierte Stellen der Verwaltung an einem Ort Platz.

Weiterführende Links zum Handlungsfeld „Soziale Infrastruktur und Stadtteilzentren“

Handlungsfeld „Schule und Bildung“

Bei Kindern sind das Bildungsbewusstsein und vor allem die Lern-Begleitung im Elternhaus entscheidend für Bildungserfolge. Da hier in benachteiligten Stadtteilen häufig Defizite bestehen, bedarf es besonderer Initiativen, um die Kinder an aktuelle Bildungsstandards und örtliche Bildungsangebote heranzuführen. Lernangebote müssen in die Lebenswelten der Kinder und Jugendlichen hineinreichen. Gleichzeitig ist die Institution Schule gefordert, sich für die Belange des Stadtteils und seiner Bewohnerinnen und Bewohner stärker zu öffnen.

Insgesamt geht es um eine stärkere Verzahnung von Schule und Stadtteil sowie von Schule und Jugendhilfe mit dem Ziel, neue Angebote für ganzheitliches Lernen zu schaffen. Mit zusätzlichen Lehrerstellen oder Ganztagsbetreuung in der Schule werden die „klassischen“ Einrichtungen gestärkt und geöffnet. Sprachförderung für Kinder mit Defiziten in der deutschen Sprache ergänzen vielfach den regulären Unterricht. Besonders für Kinder mit einem Migrantionshintegrund ist eine frühe Sprachförderung, die sich begleitend auch an ihre Eltern richten sollte, ausschlaggebend für ihre späteren Bildungschancen. Dazu braucht es Personal, Materialien und gute Konzepte. Hierzu gibt es besondere Förderprogramme, etwa für Ganztagsschulen im Primarbereich.

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Auf anderer Ebene setzen kulturpädagogische Projekte oder Maßnahmen zur Schulhofumgestaltung an. Sie nutzen den Lernort „Schule“ als Kristallisationspunkt und bieten den Kindern Möglichkeiten, durch künstlerische oder handwerkliche Arbeiten neue Lernerfahrungen zu machen. Dazu hat sich die Einbindung nicht-schulischer Akteure wie Künstlerinnen und Künstler oder Garten- und Landschaftsarchitekten sowie der Eltern erwiesen. Aber nicht nur Kinder sind eine Bildungszielgruppe – lebenslanges Lernen ist ein weiteres Stichwort. Neues Wissen und Können hilft allen Altersgruppen, den Alltag besser zu bewältigen und neue Aufgaben zu übernehmen. So können z. B. Computerkurse für erwachsene Zugewanderte von großer Hilfe für ihre berufliche Qualifizierung sein.

Handlungsfeld „Gesundheit und Pflege“

Ziel einer umfassenden Gesundheitsförderung in der Sozialen Stadt bzw. des Sozialen Zusammenhalts ist es, alle Lebensbereiche zu verbessern, die die Gesundheit von Menschen beeinflussen. Dazu zählen

  • das häusliche Umfeld (wie Familiensituation, Einkommen, Ernährung, Hygiene, Bildung),
  • das räumliche Umfeld (wie gebaute Umgebung, Verkehr, Freiflächen) und
  • das soziale Umfeld (Nachbarschaft, soziale und kulturelle Einflüsse, Arbeitsplatz, Schule etc.).

Maßnahmen zur Aufklärung und Prävention gehören zu den wichtigsten Tätigkeitsfeldern der Gesundheitsförderung. In den Programmgebieten bedeutet dies im ersten Schritt vor allem, den Menschen den Zugang zu allgemeiner Aufklärung und zu gesundheitlicher Versorgung zu ermöglichen. Insbesondere Migrantinnen und Migranten gilt es vor dem Hintergrund der oft mangelnden Sprachkenntnisse besonders zu unterstützen. Belastende soziale Lebensbedingungen, wie z. B. Arbeitslosigkeit oder fehlende gesellschaftliche Integration, sind Ursache vieler sozialer Probleme. Bei Kindern können Bewegungsmangel und Fehl- bzw. Mangelernährung zu Entwicklungs- und Gesundheitsproblemen führen. Hier ist ein präventiver Ansatz besonders wichtig.

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Gesundheitsförderung beschränkt sich also nicht auf den medizinischen Bereich, sondern muss mit einer Verbesserung der Lebensbedingungen verbunden sein. Es gilt, Präventions- und Gesundheitsangebote sowie Programme zur Gesundheits- und Ernährungsberatung bereitzustellen. Spezielle Angebote der Gesundheitsförderung von Kindern und Jugendlichen sind vorbeugende Maßnahmen. Dazu gehören Informationen über Karies oder Übergewicht ebenso wie eine aktive Freizeitgestaltung durch eine zielgerichtete Sportförderung. Auch kleine Maßnahmen wie die Erinnerung an die Vorsorgeuntersuchungen zur frühzeitigen Erkennung von Entwicklungsstörungen der Kinder sind Bestandteil des Maßnahmenpaketes.

Weiterführende Links zum Handlungsfeld „Gesundheit und Pflege“

Handlungsfeld „Ökologie“

Die ökologischen Folgen der Industrialisierung, wie beispielsweise die großflächige Versiegelung von Böden und die Landschaftszerstörung durch Bergbau und Industrie, sind zentrale Probleme in den industriell verdichteten Regionen. Aber auch Altlasten, Wasser- und Luftverschmutzung, herumliegender Müll oder die z. T. verwahrlosten Park- und Außenanlagen der Programmgebiete sind wichtige Themen, wenn es um die Verbesserung der Lebensumstände für die Menschen in den Programmgebieten geht.

Die Ziele ökologischer Maßnahmen in der Quartiersentwicklung liegen daher in erster Linie in einer Sicherung der vorhandenen Rohstoffe Wasser, Boden und Luft. Durch gezielte Projekte erfahren die Bewohnerinnen und Bewohner einen neuen Bezug zu diesen Schätzen ihrer unmittelbaren Umgebung. Auch der Erhalt und die Pflege der Grünanlagen sowie die Renaturierung der ehemaligen Industrie- und Bahnflächen sind wichtige Handlungsansätze zur Verbesserung des Quartiersumfelds in den Programmgebieten. Ökologisches Planen und Handeln führt langfristig zu einer deutlichen Verbesserung der Wohn- und Lebenssituation innerhalb der Stadtteile. Dies gilt sowohl für Neubaugebiete als auch für Projekte in den Beständen.

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Die Möglichkeiten der ökologischen Stadtentwicklung sind dabei so vielfältig wie die Programmgebiete selbst. Sie reichen von Maßnahmen der Begrünung über Regenwasserversickerung bis hin zum Bau von Häusern mit Solaranlagen. Neben der Verbesserung des natürlichen Wohnumfeldes bieten die ökologischen Maßnahmen noch weitere Möglichkeiten zur Stabilisierung der Quartiere. Beispielsweise stellen Projekte des ökologischen Bauens ein wichtiges Qualifizierungsfeld dar. Die aktive Bürgerbeteiligung in den Projekten steigert die Identifikation der Bewohner mit ihrem Wohnumfeld.
Der Umgang mit ökologischen Themen ist auch als umweltpädagogische Maßnahme innerhalb der Schulen, Kindergärten etc. zu verstehen. Durch Projekte wie z. B. Müllentsorgungsaktionen oder Baumpatenschaften lernen schon die Kleinsten einen bewussteren Umgang mit der Natur und Umwelt in ihrem Stadtteil.

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Handlungsfeld „Kultur“

Kunst und Kultur bereichern das Leben – dies gilt für die Programmgebiete der Sozialen Stadt in mehrfacher Hinsicht. Erstens praktisch gesehen: Skulpturenprojekte, Stadtrauminszenierungen oder künstlerische Fassadengestaltungen setzen Akzente im Stadtteil und können die Identifikation der Bewohnerschaft mit ihrem Wohnort fördern. Stadtteilfeste mit Beiträgen aus den unterschiedlichen Kulturen im Stadtteil erleichtern ein Kennenlernen über kulturelle Grenzen hinweg. Lokale Künstlerinnen und Künstler stellen ihre Werke häufig in Stadtteilcafés aus. Zweitens pragmatisch genutzt: Kulturpädagogische Arbeit schafft neue Zugänge zu Menschen und kann Fähigkeiten wecken, die sonst verborgen blieben. Die Möglichkeit, sich mit nonverbalen Mitteln wie Bildern auszudrücken, kann z. B. über Sprachbarrieren hinweg helfen. Eine Auseinandersetzung mit künstlerischen, beispielsweise theaterpädagogischen Ausdrucksformen fördert emotionale und soziale Kompetenzen.

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Kulturarbeit im Stadtteil steht allen offen. Einen besonderen Schwerpunkt bildet jedoch die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. Hier können Kunst und Kultur vieles bewirken. Junge Menschen erfahren neue Wege der Kommunikation, entdecken neue Fähigkeiten und gewinnen an Selbstbewusstsein. Jugendliche erhalten z. B. durch eine künstlerische Auseinandersetzung mit neuen Medien (wie bspw. Videoinstallationen) oder durch Praktika in Tonstudios Anregungen für künftige Ausbildungs- und Arbeitsmöglichkeiten. Kulturarbeit kann also auch berufliche Perspektiven eröffnen. Wie in fast allen Handlungsfeldern ist es auch in der Kulturarbeit wichtig, Partner in die Stadtteilarbeit einzubinden, die die Projekte durch ihr Fachwissen gestalten – so z. B. Künstlerinnen und Künstler oder Kulturpädagoginnen und -pädagogen.

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